BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER
von Max Frisch
Es knistert und lodert, prasselt und brennt – Brandstifter sind in der Stadt und lassen nachts die Dächer über den Köpfen der brav schlafenden Bürger in Flammen aufgehen. Die Zeitungen berichten: Die Feuerteufel würden sich als Hausierer ausgeben, um Obdach bitten, sich in den Dachböden einnisten und von dort die vernichtenden Brände zünden. Bestenfalls ein wenig leichtsinnig erscheint es da, dass Gottlieb Biedermann, erfolgreicher Haarwasserfabrikant, dem Hausierer Schmitz Quartier auf seinem Dachboden bietet. Auch als dieser gemeinsam mit einem Freund Fässer auf den Dachboden rollt, mit Zündschnüren hantiert und Benzingeruch in jede Ritze des Hauses dringt, verteidigt Biedermann seinen Glauben an das Gute im Menschen. Bis zuletzt kämpft er lachend gegen sein Image des ängstlichen Spießers und gibt – in der Hoffnung, verschont zu bleiben – den Brandstiftern selbst die Streichhölzer in die Hand. In seinem 1957 verfassten »Lehrstück ohne Lehre« berichtet der Schweizer Schriftsteller Max Frisch von der Entscheidung für den Weg des geringsten Widerstands – mit all seinen vernichtenden Konsequenzen.
Theater und Orchester Heidelberg, Zwinger 1
Premiere: 02. Dezember 2016
Regie: Susanne Schmelcher
Bühne und Kostüme: Christina Kirk
Musik: Toni Landomini
Dramaturgie: Laura Guhl, Florian Werkmeister
Mit: Benedict Fellmer, Steffen Gangloff, Toni Landomini, Katharina Quast, Martin Wißner/ Jonathan Schimmer/ Daniel Friedl
Fotos: Annemone Taake
Die »ausgezeichnete Mischung aus Groteske, Komik, Parodie und trügerischer Realität« mit »schnellem, intensivem Spiel der Darsteller« entwickle »psychologischen Sog« und »beklemmenden Ernst«, berichtet Eckhard Britsch im Mannheimer Morgen (95.12.2016). »Sehr geschickt« sei das Stück auf den unterschiedlichen Ebenen vom Regieteam um Susanne Schmelcher aufbereitet und »plastisch in der Darstellung«, auch durch Toni Landomini, der als »eine Mischung von Moritatensänger und Rapper agiert und kommentiert«. Der Kritiker bilanziert, die »klassische Schullektüre« sei nicht »aus der Zeit gefallen und in Heidelberg absolut sehenswert«.
»Ganz fabelhaft« stelle Steffen Gangloff den Biedermann »zwischen Hasstiraden und Jovialität, zwischen Berechnung und Zweifel, zwischen Wut und Angst« dar, schreibt Heribert Vogt in der Rhein-Neckar-Zeitung (05.12.2016). »Ebenfalls eindrucksvoll« Martin Wißner als »smarter wie lauernder Grusel-Clown« Eisenring und Benedict Fellmer als »stärker diabolisch clownesker Schmitz«. Gesellschaftpolitisch wie kulturell-ästhetisch zeige sich Schmelchers Inszenierung »nahe am Puls der Zeit«, dazu trügen auch Musik und Bühne bei. »Starken Applaus« habe es für den »brandaktuellen« Premierenabend gegeben.