ICH FÜHL'S NICHT (ÖEA)
nach dem Roman von Liv Strömquist, Bühnenfassung von Susanne Schmelcher
„Es war eine Trennung in beiderseitigem Einvernehmen. Sie bleiben aber Freunde und reden noch miteinander.“ So berichtet die Boulevardpresse von Leonardo DiCaprios Trennung vom Swimsuit-Issue-Model Bar Refaeli – um kurz darauf in ähnlicher Manier die Trennung von weiteren Frauen – allesamt junge, bildhübsche Models – bekannt zu geben. Was passiert da? Hat Leo einfach noch nicht die richtige Person getroffen? Hat er persönlich Schwierigkeiten oder ist sein Beziehungsleben eher eine Blaupause für die verliebten Verhaltensweisen im Spätkapitalismus? Sind wir durch die Wahlmöglichkeiten so sehr auf den Auswahlprozess fixiert, dass wir uns schon nicht mehr auf den anderen einlassen, oder kommt uns der Narzissmus der Konsumgesellschaft in die Quere? Diesen Fragen geht die bekannte feministische Comic-Autorin Liv Strömquist nach. Scharf und präzise analysiert sie das Verhalten in Paarbeziehungen im Laufe der Geschichte. Dabei lässt sie – und das auf unglaublich humorvolle Art und Weise – Leonardo DiCaprio ebenso sprechen wie Kierkegaard, Miraculix oder den kleinen Prinzen von Saint-Exupéry. Am Tiroler Landestheater Innsbruck ist der Comic als Vorlage für die Stückentwicklung unter der Regie von Susanne Schmelcher erstmals in Österreich auf der Bühne zu sehen.
Tiroler Landestheater Innsbruck, Kammerspiele
Premiere: 01. April 2023
Regie: Susanne Schmelcher
Bühne und Kostüme: Marion Hauer
Musik: Hansjörg Sofka
Video: Gunter Eßig
Dramaturgie: Laura Nöbauer, Alena Pardatscher
Mit: Yael Hahn, Jan-Hinnerk Arnke, Phillip Henry Brehl, Florian Granzner
Fotos: Birgit Gufler
PRESSESTIMMEN
"Ein Comic auf der Bühne? Zum All-Time-Thema Liebe? Und dann noch von einer feministischen Comiczeichnerin? Ja, das geht. Und wie! Was Susanne Schmelcher hier gemeinsam mit Ausstatterin Marion Hauer und dem Ensemble-Quartett Jan-Hinnerk Arnke, Phillip Henry Brehl, Florian Granzner und Yael Hahn auf die Kammerspiel-Bühne gezaubert hat, das ist charming und sexy, gleichzeitig klug und erkenntnisreich und trotz der ganzen Malaise, die das Thema leider mit sich bringt, immer liebevoll, niemals zynisch. „Ich fühl's nicht“ präsentiert sich stilgerecht als bunte, kurzweilige und blitzgescheite Aufklärungs-Revue – denn letztlich ist Liv Strömquists Comic eine ungemein fundierte Anthropologie über die Möglichkeit respektive Unmöglichkeit von Liebe im aktuellen Spätkapitalismus."
Christine Frei / Stadtblatt / 05.04.2023
"Ja, die Zeiten haben sich seit Kierkegaards 19. Jahrhundert geändert. Zwei zeitgeistige Perücken-Damen (köstlich ulkig: Florian Granzner und Phillip Henry Brehl) resümieren bei ihrer routinemäßigen Yoga-Einheit („Beckenboden nicht vergessen!“) den Stand allen emanzipatorischen Bemühens: Viele Frauen sind heute top ausgebildet mit entsprechendem Einkommen (wenn auch weiter unter jenem der Männer). Jedenfalls müssen sie sich mitnichten irgendeinem Versorger-Kerl an den Hals werfen. Was aber ist die Folge? Die Partnersuche ist schwieriger geworden. Der maskuline Markt für Ebenbürtiges (etwas im Hirn, etwas mehr noch im Wertpapierdepot) ist überschaubar. Die Kostüme sind schlicht fantastisch: ein elaborierter Rosenhut für die Dame von Welt, trashige Salonlöwen-glitzerdinger für die Herren von heute. Gratulation an Kostümbildnerin Marion Hauer, von ihr stammt auch das raffinierte Bühnenbild. Besonders amüsant ist die Idee, Yael Hahn, die einzige Frau im Vierer-Cast, in einen Menschenfleisch gewordenen Dönerspieß zu verwandeln. Sie dreht ihre Runden in einem Zwangskorsett, auf Erlösung hoffend. (...) Der Abend ist bunt und vergnüglich, ein großer Spaß."
Markus Schramek / Tiroler Tageszeitung / 03.04.2023