MADONNAS LETZTER TRAUM
von Susanne Schmelcher nach dem Roman von Doğan Akhanlı
KURT-HACKENBERG-PREIS FÜR POLITISCHES THEATER 2021
NOMINIERT FÜR DEN KÖLNER THEATERPREIS 2021
Ein türkischer Schriftsteller will nicht glauben, dass die Protagonistin des Nationalromans Die Madonna im Pelzmantel 1938 in Berlin eines natürlichen Todes gestorben ist. Er nimmt die Ermittlungen auf und schon bald eröffnet sich vor ihm ein historisches Panorama von Schuld und Verantwortung, das vom Emigrantenleben im Berlin der Vorkriegszeit über den Untergang des seeuntauglichen Flüchtlingsschiffs Struma vor der türkischen Küste im Jahr 1942 bis zur aktuellen Erinnerungskultur an die Verbrechen des Holocaust in Europa reicht. Der virtuos erzählte und verschachtelte Roman zeichnet ein Geflecht historischer Stimmen nach, die sich als Detektivgeschichte, Beziehungsdrama und Road Movie mischen. Der Schriftsteller Doğan Akhanlı ist einem breiteren Publikum zuletzt durch Verhaftung in Granada bekannt geworden, den Bericht von seinem durch das Erdogan-Regime verfügten Arrest im Spanienurlaub und die sich daran anschließende Freilassung dank Vermittlung der EU. Sein bereits 2006 erschienenes Epos Madonnas letzter Traum ist ein faszinierend vielschichtiger Text, der das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte aus ungewohnter Perspektive beschreibt.
Theater im Bauturm, Freies Schauspiel Köln
Premiere: 17. September 2021
Regie und Theaterfassung: Susanne Schmelcher
Bühne und Kostüme: Sarah Sauerborn
Musik: Viola Kramer
Dramaturgie: René Michaelsen
Mit: Sibel Polat, Marc Fischer
Theaterfassung von Susanne Schmelcher erhältlich über Hartmann & Stauffacher
Fotos: Laura Thomas
""Die Geschichte kann vielleicht nicht geändert werden, aber wie darüber erzählt wird schon." So lautet der Satz, der alles erklärt und auf wunderbare Weise Trost spendet. Für ihre Fassung von Doğan Akhanlıs Roman „Madonnas letzter Traum“ (2005) macht sich Regisseurin Susanne Schmelcher diese Sichtweise zueigen. Wie ein rotes Tau leitet er durch die atemberaubende, fast dreistündige Inszenierung, die jetzt Premiere im Theater im Bauturm feierte. (...) Die Darsteller leisten Grandioses: unter anderem als Akhanlı oder als kölscher Holocaust-Überlebender, der erklärt, warum die Adresse Stadtwald-gürtel 35 bedeutsam ist oder gar als Personifizierung der Villa Marlier, in der am 20. Januar 1942 die Wannsee-Konferenz stattfand – in ihren wechselnden Rollen komprimieren die beiden die Handlungsstränge zu ausdrucksstarken Vignetten."
Susanne Schramm / Kölner Rundschau / 22.09.2021
"Doğan Akhanlıs ungemein komplexer Roman wird nun von der Regisseurin Susanne Schmelcher auf der Bühne des Theater im Bauturm zu einer kongenialen Theaterfassung adaptiert. (...) So meisterhaft wie der Romancier mit Zeit und Raum jongliert und dabei neue, spannende Blicke auf historische und moderne Flüchtlingsdramen wirft, so souverän und sicher führt uns das Schauspielduo durch ein erzählerisches Labyrinth, das dank virtuoser Lotsen nie an narrativem Elan einbüßt."
Norbert Raffelsiefen/ Kölner Stadt-Anzeiger / 25.09.2021