MERLIN ODER DAS WÜSTE LAND
von Tankred Dorst, Mitarbeit Ursula Ehler
Merlin ist Zauberer, Magier, Scharlatan und Moralist - und der Sohn des Teufels. Er wird zum geheimen Inszenator blutiger Ritterschlachten und schaurig-schöner Romanzen in einer Welt, die ein fabelhaftes Mittelalter neben dem 19. und 20. Jahrhundert aufleben lässt. In den Szenen entstehen Bilder aus verschiedenen historischen Zeiten, die ineinander verwoben werden und so die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durchdringen. Das Stück ist eine Geschichte über das Scheitern von Utopien. Bei Tankred Dorst ist Merlin derjenige, der König Artus durch Zauberkraft auf den Thron befördert und ihm die Idee vom runden Tisch und damit von einem friedlichen Zusammenleben eingibt. Doch die Idee ist schwer zu verwirklichen, immer wieder machen die triebhafte Natur des Menschen, Verletzungen, Eifersucht und Machtgelüste König Artus einen Strich durch die Rechnung. Verführt der König zehntausend vernünftige Menschen dazu, sich gegenseitig umzubringen? Oder ist es etwas anderes? Ist es vielleicht die Eigentumsfrage? Oder ist in den Menschen eine dunkle, unergründbare Phantasiebewegung, die sie mit unaufhaltsamer Gewalt in den Tod treibt? Im Grunde führt aber Tankred Dorst in seinem Antikriegsstück dem Zuschauer auch eine Dreiecksbeziehung als eine entscheidende Untergangsursache des Artusreiches vor: Königin Ginevra betrügt Artus mit seinem Freund Lancelot.
Theater an der Weinstraße, Freilichttheater in der Klosterruine Limburg, Bad Dürkheim
Premiere: 18. Juni 2022
Regie: Susanne Schmelcher
Ausstattung: Mabel Westwood und Till Bechtloff
Musik: Mario Fadani
Dramaturgie: Naomi Hutomo
Mit: Judith Becker, Linn Bechtloff, Mabel Westwood, Claudia Dreyer, Marisa Völker, Yvonne Rings, Barbara Neubauer-Pfähler, Silke Schmidt, Regina Miller, Sarah Hundsdorfer, Johanna Rings, Rudi Pachl, Tim Neubauer-Pfähler, Jan Keller, Daniel Giel, Felix Eckel, Johann Dreyer, Felix Näser, Walter Bengel, Marc Rings, Franz Leiss, Philip Rings, Mario Fadani
Fotos: Tobias Lang, Christian Handrich
"Die Inszenierung setzt das Illusorische mit eindrucksvoller Konsequenz um. Leise Flügelschläge der Hoffnung ersterben wie der Vogel, den der gewalttätige Parzival (Mabel Westwood) tötet und wegwirft. Und doch vermeidet die Inszenierung, dass den Zuschauer zuletzt nur Düsternis umgibt. Das Ende bleibt offen, und auf Fragen lässt sie Antworten zu. Eine davon könnte sein, dass Menschen trotz allem die Utopie brauchen. Umso mehr, weil Ihnen der Sand des Lebens aus den Händen rinnt."
Sigrid Ladwig/ Die Rheinpfalz / 20.06.2022